Stille und Tonerde

Die Stille in den Exerzitien birgt so manche tiefe Erfahrungen – vor allem unerwartete. Da heißt es erst einmal, aus dem meist übervollen Alltag herauszutreten. Von meinem Außen in mein Innen. Unterwegs mit einem ehrlichen Blick auf mein Leben und eben auf all das, was sich darin tut – oder vielleicht auch nicht tut.

Wie gut, dass es in diesem Prozess auch Möglichkeiten gibt, innere Bewegungen in einen kreativen Ausdruck zu bringen.

So habe ich mir ein Stück Tonerde zu eigen gemacht. Wahllos riss ich mir ein Stück von der großen Masse ab und suchte mir einen Platz. Da saßen wir nun an einem Tisch, die Tonerde und ich. Ganz so recht wusste ich nicht, was ich damit eigentlich will. Ich knetete darauf los: Quadrate, Kugeln, Zylinder, einen Fahrradsattel, ein Krokodilmaul, eine Schale, ein Ohr, einen Menschen. Was mir nicht alles so in den Sinn kam. Und vor allem der Gedanke: Aus Dir, Stück Tonerde, könnte vieles werden.

Ich hatte plötzlich Macht: Ich kann die Tonerde zu dem werden lassen, was ich will. Doch das wollte ich nicht.

Alle vorschnellen Entwürfe habe ich wieder verworfen und gehen lassen. Und dann von vorne. Immer wieder. Am Ende des Tages hatte ich kein Ergebnis in der Hand. Damit begann unser Weg.

In den kommenden Tagen sind wir genau so verblieben und es störte mich immer weniger, dass aus der Kugel Ton in meinen Händen kein Ergebnis zum Mit-nach-Hause-nehmen entstand – ganz anders bei anderen aus der Gruppe, die mittlerweile schon am Höhepunkt ihrer Produktion angekommen waren.

Doch nach einer Weile wurde mir klar: Ich hatte mir zu viel Ton von der Masse genommen. Der Ton war zu wuchtig, zu groß in meiner Hand. Und so legte ich einen großen Teil zurück. Jetzt erst hatte ich eine Tonkugel in der Hand, die zu mir passte. Denn: Nicht alles, was in meiner Hand liegt, muss in meiner Hand bleiben. Alles in Maßen. Mit diesem Gedanken hatte ich nicht gerechnet! Ich formte und knetete weiter, gespannt, was die Tonerde mir vielleicht noch zusagen möchte.

In dem ganzen Kneten und Formen ging es mir im Lauf der Exerzitien immer weniger ums Produzieren. Das tue ich oft genug, denke ich. Und meist machen wir uns dabei doch alle etwas vor, wenn es plötzlich nur noch um die Arbeit geht. Denn was ist eigentlich der Grund für das ständige maßlose Arbeiten?

Ich knetete weiter und trotz der Ruhe, die ich dabei gewann, ging es für mich nun ans Aushalten. Aushalten, dass nichts Sichtbares entsteht.

Leere. Aushalten. Stille. Etwas werden lassen. Geerdet sein durch den Geruch des feuchten Tons. Es liegt nicht in meiner Hand, was wird. Zutrauen. Vertrauen. Gott trauen. Von Stille und Tonerde lernen. Gute Botschaften. Lebensworte. Perspektiven. Veränderung. Klarheit.

Am Ende der Woche wurde mir klar, dass die Tonkugel, so, wie sie war, genau richtig war. Für mich. Für unsere gemeinsame Wegstrecke und alle Erkenntnis darin. Die Tonkugel ruht jetzt unter einem Schmetterlingsflieder vor sich hin und geht wieder zur Erde über. Was ich bin und nicht bin, was ich habe und nicht habe – alles ist von Gott her gut.

Wir wünschen Euch und Ihnen allen eine erholsame Sommerzeit!

Ihre und Eure Franziskanerinnen sf

'; echo $isc_content; echo '
'; } } ?>