Es ist in der Küche bei uns zu Hause. Wir sitzen um den Tisch, und wie so oft finden wir uns in einem guten Gespräch über Gott und die Welt wieder. Wenn die erste Zurückhaltung unserer Besucher:innen überwunden ist, kommen sie meistens, die wichtigen Fragen: Wie wir leben, was franziskanische Spiritualität bedeutet, wie sie in unserem Leben vorkommt und wie Beten und Leben in unserem Alltag zusammengehen. Auf drei Dinge kommen wir dabei immer wieder zu sprechen: auf die Contemplatio, und was wir damit meinen; auf die Compassio, und was sie für uns bedeutet und die Communio, und wie wir sie leben.
Warum wir miteinander leben
Wenn wir gefragt werden, warum wir überhaupt miteinander leben, dann ist es die Contemplatio, die uns auf den Weg gestellt hat. Wir verstehen die Contemplatio als die Wurzel unseres Lebens, man könnte auch sagen unser gemeinsames Fundament, also was uns zusammenbringt. Es ist diese Sehnsucht nach Gott, nach seinem Du, von dem wir uns berührt und gemeint wissen, die uns miteinander leben lässt. Überrascht sind wir immer wieder, dass sich Gott nicht irgendwo und irgendwie finden lässt, sondern ganz konkret im Alltag, bei den Menschen, mit denen wir leben, im Einsatz für eine Welt, in der Gerechtigkeit und Frieden die Oberhand gewinnen.
Natürlich ist es ein Wagnis, aus Gott zu leben. Und das heißt auch nicht, dass wir ihn greifen oder begreifen könnten. Manchmal bleibt nur die Erinnerung, dass er in unserem Leben da war. Und dennoch leben wir daraus. Und wir finden: So können wir frei und tief und weit leben. Franz von Assisi (1182–1226) und Klara von Assisi (1193–1253) inspirieren uns, wenn wir darüber nachdenken, was es für ein gutes Leben braucht und was wir getrost verabschieden können.
In unseren Gebetszeiten nehmen die Stille und das Schweigen großen Raum ein. Ob das die Meditation am Morgen ist, die Feier der Eucharistie oder das Abendgebet: Beten heißt für uns, von Gottes Gegenwärtigsein her unser Leben zu verstehen. Das lässt uns mutig und zuversichtlich in unsere vielfältigen Arbeitsfelder gehen. Und wenn dann unsere Arbeit, was wir erlebt haben, was uns dankbar werden oder auch traurig sein lässt, im Abendgebet wieder seinen Ort findet, dann wird auch unser Beten und Gottsuchen reich.
Arbeit und Freizeit
Wenn wir gefragt werden, was wir tun, dann erzählen wir davon, dass wir in ganz üblichen Tätigkeitsfeldern arbeiten: als Bildungsreferentin in der Hochschulpastoral, als Gemeindereferentin in der Seelsorge und in der Schule und als Theologieprofessorin in Wissenschaft und Forschung. Wir arbeiten eben in den Berufen, die unseren Talenten und Ausbildungen entsprechen.
Das ist für uns ein Ausdruck unseres Engagements für die Menschen und dass unsere Welt ein Stück weit besser wird. Wir wollen uns mit denen solidarisieren, die es nicht so leicht haben. Das heißt für uns Compassio. Wichtig ist für uns, für gesellschaftliche, kirchliche und politische Fragen wach zu sein. Uns treibt um, was Menschen bewegt, die wir kennen oder von denen wir hören.
Dazu gehört für uns genauso, viele schöne Sachen zu machen. Wir genießen es, ins Kino zu gehen oder in Konzerte und Museen, etwas Verrücktes zu unternehmen oder einfach auf dem Sofa gute Filme anzuschauen. All das macht für uns einen einfachen Lebensstil aus. Oft kommen Freund:innen oder Gäste dazu, verbringen mit uns einen Abend, erzählen, was sie bewegt an Gott und der Welt und wir legen unsere Erfahrungen mit dazu. Das empfinden wir als großes Geschenk und deshalb ist es uns wichtig, offen zu sein für Menschen, die kommen wollen: als Gast, als Freund:in oder, um sich unserer Gemeinschaft anzuschließen.
Gemeinschaft: Mehr als eine WG
Wenn wir gefragt werden, wie wir leben, dann erzählen wir von unserem Leben in Gemeinschaft, von unserem Beten und unserer Arbeit, von Communio eben. Miteinander zu leben ist für uns mehr, als in einer WG zu wohnen. Wir beten und essen miteinander und gehen zur Arbeit wie jede und jeder andere auch. Wir unternehmen in der Freizeit gemeinsame Dinge, spazieren aber auch mal allein herum, besuchen Freund:innen und werden viel besucht.
Gemeinschaft zu leben, heißt für uns aber nicht nur, Dinge miteinander zu tun und miteinander an einem Ort zu leben, sondern zu teilen, was uns freut und was schwer ist. Ein guter Kontakt zueinander und das Leben überhaupt in seinen Höhen und Tiefen und die Menschen nahe an uns herankommen zu lassen, ist für uns vielleicht sogar die wichtigste Weise, Communio zu leben. Deshalb gehören für uns Glauben teilen und Leben teilen ganz unmittelbar zusammen.
Franz und Klara von Assisi – Wer uns inspiriert
Das gilt auch für unser Engagement in der Kirche. Wir suchen in ihr nach Wegen, als Frauen von heute, in Freiheit und Offenheit, eben im Geist Jesu, das Evangelium zu leben. Wir tun das in einem Leben der Gelübde. Nach einer Zeit des Kennenlernens legen wir zunächst die Ersten Gelübde ab, und wenn die Verbindlichkeit groß genug geworden ist, Ewige Gelübde. Und weil uns Franz und Klara von Assisi inspirieren, wie das gehen kann, nennen wir uns Franziskanerinnen. Auch wenn manche Leute scherzhaft meinen, sf hinter unseren Namen stehe für „schlaue Frauen“, bedeutet die Abkürzung für uns „societas francisci“, also Gemeinschaft des Franz von Assisi.
Einfach leben, um einfach zu leben