Wisst Ihr, wissen Sie was ein Hühnergott ist?
Ich wusste es bis zum letzten Donnerstag noch nicht, bis eine nette Kollegin mir einen aus ihrem Sommerurlaub mitgebracht hat.
Es handelt sich um einen Stein. Meiner hat etwa die Größe meiner Faust. Unregelmäßig geformt vom Meer mit abgerundeten Kanten und weißlich, poröser, etwas rauher Oberfläche. Das wichtigste aber: An einer Seite gibt es eine Vertiefung, in die mein Zeigefinger zu einem Drittel hineinpasst. Gut, nun habe ich verraten, dass mein Stein nur fast ein Hühnergott ist, denn für einen Hühnergott müsste er ein durchgängiges Loch haben. Nach einem sehr alten slawischen Volksglauben, haben Menschen früher Steine mit einem natürlichen Loch bei oder in den Ställen aufgehängt, um das Federvieh zu schützen und zu mehr Legetätigkeit anzuspornen. Daher wahrscheinlich auch der Name. Später kam der Glaube hinzu, ein Hühnergott bringe auch den Menschen Glück.
Schutz und Glück, wer möchte das nicht erleben, wer sehnt sich nicht danach, ein glückliches Leben zu führen und immer wieder auch die Erfahrung zu machen, dass es da jemanden gibt, der oder die auf einen schaut und schützend die Hand im Spiel hat. Und gibt es nicht immer wieder Glücksbotschaften oder sogenannte Glücksbringer, die uns wie ein Anker immer wieder an diese Hoffnung erinnern?
Ankerworte zur Erinnerung finde ich auch immer wieder im biblischen Buch der Psalmen. Worte, die ermutigen, die stärken, die Gutes wünschen, die den Glauben an das Gute wachhalten, die ahnen und hoffen lassen, dass das Leben gut sein könnte und gut wird, die von einem Gott erzählen, der schützt und tragender Grund wird. Die ganze Bandbreite des Lebens kommt darin vor: Angst, Klage, Zweifel, Verzweiflung, Not, die Frage nach dem Warum, Bitte um Eingreifen und Schutz finden Platz ebenso wie Trost, Lob, Dankbarkeit, Vertrauen, Hoffnung, Erfahrungen von Befreiung und Heilwerden, gute Wünsche und Segensworte. Die Psalmen nehmen das Leben – im wahrsten Sinne des Wortes – mit ins Gebet. Und sie laden bis heute immer wieder dazu ein, trotz vielleicht mancher Fremdheit, gerade dann, wenn die eigenen Worte fehlen, sich mitnehmen zu lassen von diesen Worten und sich aufgehoben zu wissen in den uralten Texten, die schon so viele vor uns gebetet haben.
Seit Donnerstag letzter Woche liegt der Stein meiner Kollegin nun also auf meinem
Schreibtisch und erinnert mich an ganz unterschiedliche Fragen:
Worauf setze ich meine Hoffnung,
von wo kommt mir Gutes entgegen,
was gibt mit Boden unter den Füßen,
was stärkt mich?
Wir wünschen Euch und Ihnen ganz viele solcher Anker, die diese Fragen
wachhalten, die den Blick auf das Gute und Hoffnungsvolle lenken und die von guten
Wünschen sprechen – in allem und manchmal vielleicht auch trotz allem.
Eure Franziskanerinnen sf