Wortschatz

Sie steht in meinem Regal – eine Kiste voll mit Briefen, Karten, Worte, die ich
ausgeschnitten oder mir selbst aufgeschrieben habe oder die mich eher zufällig
erreicht haben.
Ich habe sie aufgehoben haben, weil sie mich in unterschiedlichen Situationen
angesprochen, berührt, gefreut, getröstet oder ermutigt haben.
Gute Worte, die mir auf diese Weise wichtig geworden sind.
Und sie mussten auch den Umzug in unser neues Haus mitmachen.
Der einzige Brief meines Großvaters am Anfang meines Studiums ist unter anderem
dabei, in dem er mein Heimweh aufgreift, mich tröstet, von seinen Neuanfängen
erzählt und mir versichert, dass mit der Zeit alles besser werden wird. Auch die erste
Karte meines Patenkindes aus dem Urlaub finde ich mit wenigen mühsam gemalten
Buchstaben – und jede Menge Briefe von meinen Mitschwestern zu Feieranlässen
mit guten Worten und Wünschen versehen.

Wenn ich in meiner Kiste stöbere, wenn ich die Zeilen, die guten Worte an mich
nochmals lese, dann stellt sich meist von selber ein Lächeln und ein ganz warmes
Gefühl ein.
Wir brauchen sie immer wieder diese guten Worte von anderen an uns gerichtet,
die uns wieder Hoffnung schöpfen lassen, die sagen, dass wir uns nicht zu fürchten
brauchen, dass es Menschen gibt, die uns genauso schätzen, wie wir sind, die uns
ermutigen den ganz eigenen Weg weiterzugehen.
„Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen,“ sagt ein äthiopisches
Sprichwort.
Und vielleicht wächst, wenn wir die guten Worte, die uns gesagt werden, bewahren –
ob in einer Kiste oder in anderer Weise – mit der Zeit ein „Wortschatz“ für schlechte
Zeiten.


Eure Franziskanerinnen sf

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